Leoš Janáček
MFJB: Die Ausflüge des Herrn Brouček
„Die siehst nicht so übel aus, du bleicher Bruder da oben. O, gewiss sind deine Menschen glücklicher als wir erbärmlichen Erdlinge!“ ruft Matěj Brouček zum über Prag scheinenden Mond. Die künstlerische Freiheit kennt keine Grenzen, also warum machen wir uns nicht gleich zusammen mit Janáček auf, um festzustellen, ob Herr Brouček Recht hat?
Das Motto „Grenzenlos!…“ könnte auch für das Werk des Regisseurs Robert Carsen gelten, dessen Inszenierungen weltweit durch ihren Sinn für Dramatik, ihre Poetik, ihren Humor und ihre künstlerische Geschliffenheit begeistern. Dem Werk des tschechischen Komponisten begegnete der gefeierte Regisseur schon vor vielen Jahren, und heute hat Carsen bereits sechs Inszenierungen von Janáček-Opern auf seinem Konto. Für das Brünner Ensemble schuf er im Jahr 2020 seine Interpretation der Oper Schicksal, und nunmehr kehrt er auf die Bühne des Janáček-Theaters zurück, um gerade mit seiner Neuinszenierung der Ausflüge des Herrn Brouček das Festival Janáček Brno 2024 feierlich zu eröffnen.
Keine von Janáčeks Opern lässt sich als komische Oper bezeichnen, denn obgleich der Humor in ihnen nie fehlt, bleibt er doch stets ein sparsam eingesetztes Gewürz. In seiner Oper über den Hausbesitzer von der Prager Kleinseite, einen typischen tschechischen Kleinbürger, sprüht Janáček dagegen regelrecht vor Humor, wenngleich dieser hier ordentlich geschliffen daherkommt. Janáček fand seine Vorlage in den beliebten Brouček-Novellen des Dichters Svatopluk Čech, dessen satirischen Witz er durch seine Musik im Tanzrhythmus und die Verwendung ungewöhnlicher Instrumente wie Glasharmonika oder Dudelsack perfekt umsetzte. Während der erste Teil der Oper – der Ausflug auf den Mond – mit spitzem Humor auf die Prager Kritiker, Künstler und Intellektuellen abzielt, stellt der zweite Teil aus den Zeiten der Hussiten alle unschönen Eigenschaften des gesamten tschechischen Volkes bloß.
In Koproduktion mit dem Teatro Real, Madrid, und der Staatsoper Unter den Linden, Berlin
Premiere: am 1. November 2024 im Janáček-Theater
Trailer:
Einstudiert im tschechischen Original mit tschechischen, englischen und deutschen Untertiteln.
Dauer: 2 Stunden 35 Minuten, 1 Pause
Inhalt der Oper
- Teil
Die Prager Kneipe auf der Vikárka (Pfarrhaus) ist gut besucht. Herr Brouček, der Hausmeister, legt mehr Wert auf sein Bier und seine Würstchen als auf alles andere. Málinka, die Tochter des Sakristan, ist wütend auf ihren Freund Mazal, einen der vielen Mieter von Herrn Brouček, weil sie ihn mit einem anderen Mädchen tanzen sah. Um ihren Freund eifersüchtig zu machen, beschließt Málinka, mit Mazals Hausmeister zu flirten. Brouček ist so betrunken, dass er verspricht, sie zu heiraten. Doch als ihr Vater ihn fragt, beharrt er schnell darauf, dass das ein Scherz war und dass er Málinka nur heiraten würde, wenn sie beide auf dem Mond wären.
Es ist spät und der Wirt Würfl schließt die Kneipe. Zurück bleibt nur der betrunkene Brouček. Bevor er einschläft, sagt er dem Mond, dass er lieber oben wohnen und all den Leuten aus dem Weg gehen sollte, die nie die Miete zahlen und versuchen, ihn seines Geldes zu berauben.
In seinem Traum gerät Brouček auf dem Mond und erkennt einige der Mondbewohner: Einer von ihnen, namens Blankytný, scheint Mazal sehr ähnlich zu sein, während Etherea Brouček an Málinka erinnert. Etherea, die mit ihrem Vater Lunobor ankommt und von einer Truppe Mondmädchen begleitet wird, verliebt sich sofort in Brouček. Mit ihrer Mondgruppe gelingt es Etherea, den trotzigen Vermieter zu entführen.
Als Etherea mit Brouček wieder auftaucht, stellt die Zauberin, eine weitere Bewohnerin des Mondes, den seltsamen Erdenmenschen allen Künstlern auf dem Mond vor, aber der hungrige und durstige Brouček hat kein Interesse an Poesie, Musik oder Kunst jeglicher Art. Mondkünstler leben vom Schnüffeln an Blumen, und der hungrige Brouček ekelt sie an, als er plötzlich eine Wurst aus der Tasche zieht. Nachdem sie entsetzt weggegangen sind, hofft Brouček, dass sie ihn endlich in Ruhe essen lassen, doch die immer leidenschaftlicher werdende Etherea hält ihn davon ab…
Broučeks Traumbesuch auf dem Mond endet auf der Erde in der Sicherheit der Vikárka-Kneipe, wo er friedlich schläft, während Mazal und Málinka sich nach einem Streit versöhnen…
- Teil
Brouček, der sich durch das Abenteuer auf dem Mond nicht abraten ließ, betrinkt sich erneut in der Vikárka-Kneipe, wo er sich auf ein noch überraschenderes und gefährlicheres Abenteuer einlässt: Nun scheint er sich in den mittelalterlichen Straßen Prags zu befinden und gerät mitten in eine Schlägerei der Prager gegen feindliche Eindringlinge. Diese Patrioten, auch diejenigen, die Brouček kennt, heißen ihn als Seelenverwandten willkommen, doch Brouček will den Kampf um jeden Preis vermeiden: Er liebt sein Land, sein Bier und seine Würste, aber er ist nicht bereit, sein Leben für sie zu opfern.
Als die Prager den Sieg über den Feind feiern, prahlt Brouček mit seinem tapferen Kampf, wird aber der Lüge beschuldigt, mit der er sein feiges Verhalten zu vertuschen versuche. In dem Moment, als er dazu verurteilt wird, bei lebendigem Leib in einem Bierfass verbrannt zu werden, wacht er plötzlich auf, geborgen in einem der leeren Biertanks der Vikárka-Kneipe.
Brouček ist begeistert, unversehrt von seiner letzten unglaublichen Reise zurückgekehrt zu sein, und prahlt gegenüber dem Wirt mit seinen Heldentaten, bittet ihn jedoch, Diskretion zu bewahren und niemandem davon zu erzählen…